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Besichtigung der Gedenkstätte
Die Gedenkstätte steht der Öffentlichkeit zu den Öffnungszeiten der KV Berlin zur Besichtigung offen.

Öffnungszeiten: Mo - Fr 9-17 Uhr
Ort: Foyer der KV Berlin, Masurenallee 6A, 14057 Berlin-Charlottenburg 



Gedenkstätte für jüdische Ärztinnen und Ärzte

Gegen das Vergessen

Die Gedenkstätte im Foyer der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin erinnert an die jüdischen Ärztinnen und Ärzte, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, entrechtet, ins Exil getrieben oder getötet wurden. Sie wurde im Herbst 2022 neu gestaltet und umfasst eine Installation und zwei begleitende Bücher, die im Rahmen des Forschungsprojektes Anfang der 2000er Jahre entstanden sind und die Geschichte der Berliner jüdischen Kassenärzt:innen und deren Schicksal im Nationalsozialismus aufzeigt. 

Zur damaligen Zeit waren von rund 3600 Berliner Kassenärzt:innen 2063 jüdischer Herkunft. Die Tätigkeit der jüdischen Kassenärzt:innen wurde mit Beginn des Nationalsozialismus sukzessive eingeschränkt. Seit 1933 wurde es für jüdische Ärzt:innen immer schwieriger, zu praktizieren. Verschärfte Zulassungsverordnungen grenzten immer mehr jüdische Kassenärzt:innen aus. Mit Wirkung zum 1. Juli 1933 wurde bereits zugelassenen jüdischen Ärztinnen und Ärzten die Zulassung entzogen. Dabei gab es noch Ausnahmen, zum Beispiel Ärzt:innen, die bereits vor Kriegsbeginn niedergelassen waren. 1938 wurde allen jüdischen Ärzt:innen die Kassenzulassung entzogen und die Fortführung der kassenärztlichen Versorgung untersagt und damit ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt.

Ebenfalls 1938 wurde der Approbationsentzug für alle jüdischen Ärztinnen und Ärzte festgeschrieben und damit das Ende der beruflichen Existenz. Sie durften sich nicht mehr „Arzt“ nennen. Nur eine kleine Anzahl jüdischer Ärztinnen und Ärzte erhielt eine Genehmigung, ausschließlich jüdische Patient:innen als sogenannte „Krankenbehandler“ zu versorgen.

Forschungsprojekt zur Aufarbeitung

Um ihre Rolle im Nationalsozialismus aufzuarbeiten, hat die KV Berlin 2005 ein bundesweit getragenes Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Ziel war es, die Mitverantwortung der Ärztefunktionäre für die Durchsetzung der NS-Gesundheitspolitik zu beleuchten. Die Arbeitsweisen und Aufgaben der Berliner Verwaltungsstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD), der Vorgängerorganisation der KV Berlin, sollten ebenso dargestellt werden wie die Konsequenzen nationalsozialistischer Gesundheitspolitik für den Arztregisterbezirk Berlin. Dabei galt es herauszufinden, welche Rolle die kassenärztliche Standesvertretung – speziell die KVD Landesstelle Berlin – bei der Verdrängung und Vertreibung der jüdischen Kolleg:innen aus deren Arztpraxen gespielt hat. Zeitgleich wurden mit dem Forschungsprojekt die Lebenswege der jüdischen Berliner Ärztinnen und Ärzte erforscht. Ziel war es, den Opfern ihre Namen zurückzugeben und die Menschen hinter diesen Namen sichtbar zu machen. 

Dr. Roman Skoblo, damals Vorsitzender des Vereins jüdischer Ärzte und Psychotherapeuten, hat das Projekt 2001 initiiert und sich mit großem Einsatz dieser Aufgabe gewidmet. Gemeinsam mit Dr. Manfred Richter-Reichhelm, dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der KV Berlin, war er maßgeblich an der Umsetzung des Forschungsprojekts beteiligt. Viele engagierte Mitarbeitende der KV Berlin haben sich ebenfalls eingebracht.

Rolle der KV Berlin

Der Umgang mit den jüdischen Ärztinnen und Ärzten und die ambulante medizinische Unterversorgung nach dem Entzug der Kassenzulassungen, wurde von der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung Deutschland in Kauf genommen. Die Kassenärztliche Vereinigung Deutschland hat sich an der Verdrängung und Vertreibung jüdischer Ärztinnen und Ärzte aus den Praxen beteiligt. So wies sie im Oktober 1935 ihre Landes- und Provinzstellen an, Listen über alle jüdischen Ärztinnen und Ärzte anzufertigen, die in den jeweiligen Bezirken tätig waren. Weiterhin sollte zu jedem jüdischen Arzt eine Stellungnahme abgegeben werden, „ob die weitere Beibehaltung dieses Arztes als Arzt tragbar erscheint oder aus welchen Gründen der Arzt möglicherweise für den Fall der Entziehung einer Approbation in Betracht kommen könnte.“ Mit den Listen wurden nichtjüdische Patient:innen unter Druck gesetzt und von jüdischen Praxen ferngehalten. Der Großteil der Kassenärzt:innen hat dieses Verhalten gegenüber den jüdischen Kolleginnen und Kollegen gebilligt. Dieses dunkle Kapitel der Ärzteschaft darf niemals in Vergessenheit geraten.

Gedenkstätte in der KV Berlin

Im September 2008 wurde anlässlich des 70. Jahrestages des Approbationsentzuges für jüdische Ärztinnen und Ärzte eine elektronische Gedenktafel in der KV Berlin eingeweiht. Auf ihr wurden die Namen aller bislang recherchierten jüdischer Ärzt:innen, die von 1933 bis 1945 in Berlin verfolgt, entrechtet und ins Exil oder in den Tod getrieben wurden, projiziert.

Im Herbst 2022 erfolgte die Einweihung der umgestalteten Gedenkstätte im Rahmen eines Pressetermins. Das Herzstück ist die digitale Anzeige der Namen der jüdischen Ärztinnen und Ärzte. Ein Olivenbaum und eine neue Sitzgelegenheit laden zum Verweilen ein. Außerdem liegt ein Gedenkbuch liegt aus. Die Gedenkstätte soll dazu beitragen, dass weder die jüdischen Ärztinnen und Ärzte und deren Schicksale noch die historischen Erfahrungen aus dieser Zeit vergessen werden.

Die Gedenkstätte im Foyer der KV Berlin in der Masurenallee 6A in Berlin-Charlottenburg steht der Öffentlichkeit zu den Öffnungszeiten der KV Berlin zur Besichtigung offen.