Wirtschaftlichkeitsprüfung
Ergebnisse der Durchschnittswerteprüfung 2022
Seit 2020 wird die Durchschnittswerteprüfung als statistische Auffälligkeitsprüfung durchgeführt (vorher Richtgrößenprüfung). Dabei werden Durchschnittswerte pro Vergleichsgruppe und Alterskohorte auf Basis der tatsächlichen Verordnungskosten verwendet. Ergänzt wird die Prüfsystematik durch Arzneimittelziele (siehe hier), sowie regionale und bundesweite Praxisbesonderheiten (siehe hier).
Für das Verordnungsjahr 2022 fand die Prüfung in den Bereichen Arznei- (inkl. Verbandstoffe und Sprechstundenbedarf) und Heilmittel zum dritten Mal in der neuen Systematik statt. Dabei wurden 73 Praxen geprüft (2020: 109, 2021: 68).
Durchschnittswerteprüfung 2022
Ergebnisse: | Arzneimittel | Heilmittel |
Einstellung des Prüfverfahrens | 0 | 0 |
keine Maßnahme
| 36 | 27 |
Beratung vor Regress
| 3 | 5 |
Feststellungsbescheid
| 1 | 1 |
Regress
| 0 | 0 |
Summe der geprüften Praxen | 40 | 33 |
Insgesamt wurden für 2022 keine Regresse festgesetzt. Einige Praxen erhielten eine Beratung vor Regress („Jokerberatung“), teils wurden Feststellungsbescheide erlassen.
Die Prüfsystematik mit Durchschnittswerten, Arzneimittelzielen und Praxisbesonderheiten führt derzeit nicht zur befürchteten „Regressflut“. Alle relevanten Informationen, wie Arzneimittelziele (inkl. Lesehilfe mit Wirkstoffauflistung), Praxisbesonderheiten und Durchschnittswerte, finden Sie auf der Webseite der KV Berlin. Änderungen werden in den Verordnungs-News veröffentlicht.
Widersprüche
Widersprüche gegen Bescheide sollten schriftlich begründet werden, um zusätzliche Praxisbesonderheiten anerkennen zu lassen. Bei erfolgreichem Widerspruch entfällt die Auffälligkeit.
Nach fünf Jahren können Auffälligkeiten erneut als „erstmalig“ gewertet werden, wodurch eine erneute Beratung vor Regress möglich wird.
Arzneimittel
Codierung ICD-10 und Diagnose auf dem Rezept
Die Verordnung von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verbandmitteln, Hilfsmitteln etc. ist an eine entsprechende Indikation gebunden.
Dabei hat die Angabe der Indikation in Form der ICD-10 Codierung Vorrang vor der manuellen Diagnoseerfassung, da diese technisch verarbeitet werden kann. Der ICD-10 ist die internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme.
Im Gegensatz zu manuell erfassten Diagnosen in der Patient:innenakte werden codierte Diagnosen an die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übermittelt. Beim Fehlen einer passenden ICD-10-Diagnose zur Arzneimittel-Verordnung, kann die GKV von einem Off-Label-Use ausgehen und einen Einzelfallprüfantrag stellen.
Diagnosen auf dem Rezept: Bei der Verordnung von Arzneimitteln wird keine Diagnose auf Muster-16-Formular (rosa Rezept) oder E-Rezept vermerkt. Ausschließlich bei der Verordnung von Hilfsmitteln ist eine Diagnose auf dem Rezept anzugeben, da dies eine Verpflichtung laut § 7 Abs. 2 Hilfsmittel-Richtlinie darstellt.
Mounjaro® – Ergänzung Anlage II (Lifestyle Arzneimittel) der AM-RL
Arzneimittel, die für eine in der Anlage II der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) aufgeführte Indikation, wie z.B. Gewichtsregulierung, zugelassen sind, wurden seitens des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als Lifestyle Arzneimittel eingestuft und sind nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig.
Einige Arzneimittel besitzen mehrere zugelassene Indikationen. So kann es sein, dass das gleiche Arzneimittel für die eine Indikation (unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben) Kassenleistung ist, während für die andere Indikation ein Verordnungsausschluss besteht.
Das Arzneimittel Mounjaro® mit dem Wirkstoff Tirzepatid ist zugelassen:
verordnungsfähig zu Kassenlasten
zur Behandlung von Erwachsenen mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes mellitus als Ergänzung zu Diät und Bewegung
- als Monotherapie, wenn die Einnahme von Metformin wegen Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht angezeigt ist,
- zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung von Diabetes mellitus
nicht verordnungsfähig zu Kassenlasten
als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Diät und erhöhter körperlicher Aktivität zum Gewichtsmanagement, einschließlich Gewichtsabnahme und Gewichtserhaltung, bei Erwachsenen mit einem Ausgangs-Body-Mass-Index (BMI) von
- ≥ 30 kg/m2 (Adipositas) oder
- ≥ 27 kg/m2 bis < 30 kg/m2 (Übergewicht) bei Vorliegen mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung (z. B. Hypertonie, Dyslipidämie, obstruktive Schlafapnoe, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Prädiabetes oder Typ-2-Diabetes mellitus).
In § 14 Abs. 2 AM-RL wird folgendes zur Indikation Gewichtsregulierung angegeben:
„Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der sexuellen Dysfunktionen (z. B. der erektilen Dysfunktion), der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen.“
Somit ist eine Verordnung von Mounjaro® zur Gewichtsabnahme keine Kassenleistung.
Der entsprechende Beschluss des G-BA vom 19. September 2024 zur Aufnahme von Tirzepatid, für den Einsatz zur Gewichtsabnahme, in die Anlage II der AM-RL ist am 13. Dezember 2024 in Kraft getreten.
Bitte beachten Sie darüber hinaus, dass die Zuordnung von Mounjaro® als zentral wirkendes Abmagerungsmittel unter den gesetzlichen Ausschluss in Anlage II lediglich deklaratorisch ist, da Arzneimittel „zur Regulierung des Körpergewichts“ laut § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) und § 14 Abs. 2 AM-RL generell von der Verordnungsfähigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sind.
Raucherentwöhnung – neue Anlage IIa der Arzneimittel-Richtlinie geplant
Als Ergänzung zur Anlage II (Lifestyle Arzneimittel) der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) hat der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) per Beschluss vom 12.November 2024 (noch nicht in Kraft) ein Stellungnahmeverfahren zur Aufnahme der Anlage IIa für Arzneimittel zur Tabakentwöhnung eingeleitet.
Kurz im Überblick:
- Verordnung von Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung soll über Erweiterung der AM-RL durch eine Anlage IIa geregelt werden:
- für Versicherte mit schwerer Tabakabhängigkeit
- Patient:innen erhalten Anspruch auf apothekenpflichtige Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen evidenzbasierter Programme
- einmalige Versorgung möglich, festgelegt in § 14a und Anlage IIa der AM-RL
- Voraussetzungen für Verordnungsfähigkeit:
- Feststellung schwerer Tabakabhängigkeit nach ICD-10-GM (F17.2) und Fagerström-Test
- Verordnung innerhalb evidenzbasierter Programme zur Tabakentwöhnung
- müssen Ziel, Inhalte, Methodik, Dauer und Qualifikation des Personals erfüllen
- Anforderungen an evidenzbasierte Programme:
- Informationen zu Risiken des Rauchens,
- Verhaltenstherapie,
- Rückfallprävention
- Nachbetreuung.
- Methodik: Präsenz- und digitale Programme mit spezifischen Anforderungen an Qualität und Datenschutz.
- Dauer: mindestens 8 Sitzungen (Präsenz) oder flexible digitale Nutzung.
- Qualifikation des Personals:
- Erforderlich sind u.a. Abschlüsse in Medizin, Psychologie oder Sozialarbeit sowie spezielle fachliche Kompetenzen in Suchtprävention.
- Verwendung von Arzneimitteln:
- Liste verordnungsfähiger Arzneimittel (z.B. Nikotinpräparate und Vareniclin) in Anlage IIa der AM-RL aufgeführt.
- Datenschutz und Studienanforderungen:
- Digitale Programme müssen Datenschutzvorgaben (EU-DSGVO) erfüllen
- Nachweis des Nutzens durch prospektive Studien, idealerweise mit Ethikkommission
- Geltung und Veröffentlichung:
- Änderungen treten nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft
Sofern der Beschluss in Kraft tritt, informieren wir Sie an dieser Stelle über unsere Verordnungs-News.
Produkte zur modernen Wundbehandlung – Übergangsregelung ausgelaufen
Hintergrund
In den Verordnungsnews Juli 2023 informierten wir Sie über die Klarstellung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), dass nicht formstabile Zubereitungen zur Wundbehandlung keine Verbandmittel darstellen und den „sonstigen Produkten zur Wundbehandlung“ zuzuordnen sind.
Eine Verordnung soll nur dann möglich sein, wenn der G-BA im Einzelfall den medizinischen Nutzen auf Antrag von Herstellern positiv bewertet und in die Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie aufgenommen hat.
Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) hat der Gesetzgeber in § 31 Absatz 1a Sozialgesetzbuch V (SGB V) eine neue Übergangsregelung festgelegt: Bis 48 Monate nach dem Inkrafttreten des G-BA-Beschlusses zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung – also bis zum 2. Dezember 2024. Bis dahin sind die sonstigen Produkte zur Wundbehandlung auch ohne Aufnahme in die Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) weiterhin verordnungsfähig. Voraussetzung ist, dass es sich um Produkte handelt, die bereits vor dem Inkrafttreten des genannten Beschlusses – also vor dem 2. Dezember 2020 – zulasten der Krankenversicherung erbracht werden konnten.
Aktuelle Situation
Die am 2. Dezember 2024 endende Übergangsregelung zur Verordnung von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung sollte durch die Bundesregierung um weitere 18 Monate verlängert werden. Dazu wurde in den Entwurf zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit (ÖGD-Gesetz) ein entsprechender Änderungsantrag eingebracht, wonach die Übergangsregelung bis zum 2. Juni 2026 verlängert werden sollte.
Aufgrund des Bruchs der Regierungskoalition auf Bundesebene, ist die Verabschiedung des Gesetzes und damit die Verlängerung der Übergangsregelung derzeit ungewiss.
Am 29. November 2024 wurde ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Verordnungsfähigkeit von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung veröffentlicht. Darin appelliert das BMG an den GKV-Spitzenverband (GKV-SV), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), die bisherige Übergangsregelung zur Verordnungsfähigkeit von sonstigen Produkten zur Wundversorgung bis zum 2. März 2025 zu verlängern.
Mittlerweile liegen von verschiedenen Krankenkassen die Zustimmungen zur Verlängerung der Verordnungsfähigkeit vor. Einer Weiterverordnungsmöglichkeit bis zum 2. März 2025 im Sinne der Empfehlung des BMG haben zugestimmt:
• Ersatzkassen des vdek: TK, Barmer, DAK, KKH, hkk, HEK
• Innungskassen: BIG direkt gesund, IKK classic, IKK Südwest
• SVLFG
• Knappschaft.
Bei folgenden Krankenkassen wurde eine Verlängerung der Übergangsfrist ausgeschlossen:
• AOK Nordost
• IKK gesund plus.
Für die Anforderung von sonstigen Produkten zur modernen Wundversorgung im Sprechstundenbedarf (SSB) in Berlin wurde nicht von allen beteiligten Krankenkassen das Einverständnis zur Verlängerung der Übergangsregelung gegeben. Ein Bezug über den SSB ist damit momentan ausgeschlossen.
Bedeutung im Praxisalltag
Da aktuell keine Verlängerung der Übergangsregelung vorliegt (bis auf den vdek), wird seit dem 2. Dezember 2024 von der Verordnung von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung abgeraten. Dies betrifft unter anderem auch silberhaltige Wundauflagen, die direkten Kontakt mit der Wunde haben und antimikrobiell wirkende Stoffe in die Wunde abgeben.
Ein Ausweichen auf Alternativpräparate bei antimikrobiellen Wundauflagen/ Gelen ist schwierig, da apothekenpflichtige topische Antiseptika (z.B. Lösungen mit Polyhexanid oder Octenidin) nach Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie für Erwachsene nur zur Selbstbehandlung schwerwiegender generalisierter blasenbildender Hauterkrankungen (z. B. Epidermolysis bullosa, hereditaria; Pemphigus) zu Kassenkasten verordnungsfähig sind.
Bitte beachten Sie: Bei weiteren Verordnungen über den 2. Dezember 2024 hinaus besteht ein Regressrisiko, da der GKV-Spitzenverband dem Appell zur Weiterverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit nicht folgt. Daher wird von der Verordnung von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung momentan weiterhin abgeraten. Wir empfehlen die Verordnung auf Privatrezept und die Einreichung durch die Patient:innen bei der gesetzlichen Krankenkasse. Eine Verordnung auf Muster-16- Formular für Versicherte der Ersatzkassen ist bis zum 2. März 2025 möglich.
Die KV Berlin ist an die übrigen Kassenverbände herangetreten, um eine eigene regionale Übergangsfrist zu vereinbaren.
Über die weitere Entwicklung informieren wir Sie.
Therapie-Kompass zu Off-Label-Use Arzneimitteln der Long COVID-Therapie
Im Rahmen der Long COVID-Behandlung können auch Arzneimittel therapeutische Erfolge erzielen, denen formal die Zulassung für diese Diagnose fehlt. Gezielte Zulassungen von Arzneimitteln für Patient:innen mit Long COVID gibt es bisher nicht.
Daher hat eine Expert:innengruppe im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) einen Therapie-Kompass mit geeigneten Wirkstoffen und Wirkstoffgruppen, die für die Therapie der aufgeführten – häufig bei Long COVID auftretenden – zwölf Symptomkomplexe, entwickelt:
- Angst-, Spannungs- und Erregungszustände
- Asthma bronchiale / COPD / bronchiale Hyperreagibilität
- Autoimmunerkrankungen, schwerer Verlauf
- Depression (ICD-10 F32, F33)
- Herzinsuffizienz, chronisch
- Hypercholesterinämie
- Hypertonie, arteriell
- Hypotonie, orthostatisch
- Immunreaktion, überschießend
- Schlafstörungen
- Schmerzen
- Tachykardie (supraventrikulär).
Der zur Information über die symptomorientierte Arzneimitteltherapie von Long COVID bei Erwachsenen erschienene Therapie-Kompass, enthält In-Label-Use sowie Off-Label-Use Wirkstoffe/Wirkstoffgruppen mit den dazugehörigen Krankheitsbildern. Die In-Label-Use Arzneimittel und ihre Einsatzfelder sind türkis gekennzeichnet und können unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Regelungen in der Arzneimittel-Richtlinie zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden.
Beispiel: In-Label
Quelle: BMG, Stand 10.12.2024
Die pink gekennzeichneten Seiten des Kompasses stellen die Off-label-Use Anwendungsgebiete dar, bei denen die Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) geprüft wird und die momentan keine Leistung der GKV abbilden.
Beispiel: Off-Label
Quelle: BMG, Stand 10.12.2024
Erst nach Aufnahme der Wirkstoffe/Wirkstoffgruppen in die Anlage VI (Off-Label-Use) der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) kann von einer sicheren Kassenleistung innerhalb der aufgeführten Einsatzgebiete ausgegangen werden. Zum Off-Label-Use können Sie sich auch hier unter dem Themenpunkt Off-Label-Use informieren.
Der Therapie-Kompass beinhaltet zudem Dosierungsempfehlungen und Hinweise der Expert:innengruppe. Basis sind dabei die aktuellen Leitlinien zum jeweiligen Krankheitsbild. Konkrete Beispiele innerhalb aufgeführter Substanzklassen basieren auf Erfahrungen aus der Expert:innengruppe.
Zweiteiliger Therapiekompass:
- Bewertung zur Therapie von Long COVID-assoziierten Symptomen mit Arzneimitteln im Off-Label-Use
- basiert insbesondere auf einer Evidenzrecherche und –bewertung
- beinhaltet ME/CFS und POTS und anderen postakut-viralen Infektionssyndrome
- Übersicht zur Therapie von Long COVID-assoziierten Symptomen mit zugelassenen Arzneimitteln im In-Label-Use
Der Therapie-Kompass wurde am 17. September 2024 beim Runden Tisch Long COVID vorgestellt und auf der Website des BfArM veröffentlicht.
Weitere Informationen unter: www.bmg-longcovid.de
Neue bundesweite Praxisbesonderheiten – Update
Für folgende Arzneimittel wurden bundesweite Praxisbesonderheiten vereinbart:
- Pluvicto® (Wirkstoff: (177Lu)Lutetiumvipivotidtetraxetan) seit 1. Juni 2024
- Camzyos® (Wirkstoff: Mavactam) seit 9. September 2024
- Talvey® (Wirkstoff: Talquetamab) seit 15. März 2024
- Tibsovo® (Wirkstoff: Ivosidenib) seit 15. Oktober 2024
Für diese Arzneimittel werden die Verordnungskosten im Rahmen einer Durchschnittswerteprüfung von den Verordnungskosten der Praxis abgezogen. Voraussetzung ist dabei, dass die zwischen GKV-Spitzenverband und dem jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen vereinbarten Bedingungen für eine bundesweite Praxisbesonderheit eingehalten werden.
Auf der Internetseite der KV Berlin sind alle gültigen und ausgelaufenen bundesweiten Praxisbesonderheiten, die der GKV-Spitzenverband bereits stellt, aufgeführt.
Impfstoffe
Neue Covid-19-Impfstoffe – Update
Spikevax® JN.1
Am 12. Dezember 2024 wurde mit Beschluss vom 17. Oktober 2024 der variantenangepasste Impfstoff Spikevax® JN.1 von Moderna in die Schutzimpfungs-Richtlinie aufgenommen.
Da dieser Impfstoff nicht zentral über den Bund beschafft werden kann, entstehen den gesetzlichen Krankenkassen für Spikevax® Kosten, die im Gegensatz zu den über den Bund kostenlos beschaffbaren Covid-Impfstoffen (Comirnaty® und Nuvaxovid®) zu einer Unwirtschaftlichkeit führen können. In einem möglichen Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren müsste dann dargelegt werden, aus welchen Gründen die wirtschaftlichen Alternativen (Comirnaty® und Nuvaxovid®) nicht eingesetzt werden konnten.
Darüber hinaus wurde Spikevax® JN.1 bisher nicht in die regionale Impfvereinbarung aufgenommen, so dass auch keine Vergütung der Impfleistung vorliegt.
Sofern Sie also Spikevax® verimpfen, ist sowohl der Bezug als auch die Leistung eine privatärztliche Leistung.
Nuvaxovid® JN.1
In den Verordnungsnews Juli 2024 informierten wir über den neuen Varianten angepassten Covid-19-Impfstoff JN.1 von Biontech/Pfizer. In der Kalenderwoche 51 wird der neue Impfstoff Nuvaxovid® JN.1 verfügbar sein, der über den Bund (Kostenträger Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) mit IK 103609999) kostenlos bezogen werden kann.
Im Gegensatz zu Comirnaty® JN.1 oder Comirnaty® KP.2 handelt es sich bei Nuvaxovid® JN.1 um einen Einzeldosenimpfstoff, wodurch der Mehraufwand (Mehrdosenbehälter und Organisationsaufwand) bei der Impfleistung entfällt.
Über die Aufnahme von Nuvaxovid® JN.1 in die Schutzimpfung-Richtlinie und die regionale Impfvereinbarung werden wir Sie rechtzeitig informieren.
Bitte beachten Sie: Solange Nuvaxovid JN.1 nicht in die regionale Impfvereinbarung aufgenommen wurde, ist die Impfleistung privat zu liquidieren.
STIKO-Empfehlung Fluad® ab 60 Jahren – Impfung zu Kassenlasten noch nicht möglich
Am 31. Oktober 2024 erfolgte die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) bezüglich der Influenza-Prophylaxe für Personen ab 60 Jahren.
Bisher wurde der Hochdosis-Impfstoff Efluelda® für die oben genannte Personengruppe empfohlen. Nach Prüfung der aktuellen Datenlage zu neueren und weiterentwickelten Influenza-Impfstoffen wird für ≥ 60-Jährige neben dem inaktivierten Hochdosis-Influenza-Impfstoff (Efluelda®) auch ein MF-59-adjuvantierter Influenza-Impfstoff (Fluad®) empfohlen.
Der G-BA hat spätestens zwei Monate nach Veröffentlichung der STIKO-Empfehlung eine Entscheidung zur Aufnahme in die Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) zu treffen. Die Frist von zwei Monaten beginnt mit der Veröffentlichung der wissenschaftlichen Begründung der STIKO im Epidemiologischen Bulletin und läuft somit Ende 2024 ab.
Die Aufnahme in die Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) begründet die Leistungspflicht der Impfung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mit besonderer Begründung kann der G-BA hierbei von einer Empfehlung der STIKO abweichen.
Bitte beachten Sie, dass ein Bezug des Impfstoffes Fluad® über den Sprechstundenbedarf und die Verimpfung von ≥ 60-Jährigen zu Kassenlasten derzeit noch nicht möglich ist.
Heilmittel
Erweiterung der Heilmittel-Diagnoseliste ab 1. Januar 2025
Zum 1. Januar 2025 wird die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf (Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie) sowie zu den bundesweit geltenden besonderen Verordnungsbedarfen für Heilmittel erweitert.
Änderungen beim langfristigen Heilmittelbedarf für ICD „G71.0 Muskeldystrophie“
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat in der endgültigen Fassung der ICD-10-GM 2025 den Kode „G71.0 Muskeldystrophie“ weiter unterteilt.
Konkret erfolgte dies in
- „G71.00 Muskeldystrophie, maligne [Typ Duchenne]“ und
- „G71.08 Sonstige Muskeldystrophien“.
Um diese neuen Sub-Kodes zu berücksichtigen, wird in Anlage 2 der Heilmittel‐Richtlinie der ICD-10-Kode „G71.0“ um einen Bindestrich ergänzt: „G71.0-“.
Mit dieser Änderung wird sichergestellt, dass für diese Erkrankungen weiterhin Verordnungen für bis zu 12 Wochen ausgestellt werden können.
Der Beschluss wurde erstmals als Delegationsbeschluss durch den Unterausschuss Veranlasste Leistungen des G‐BA nach Paragraf 1a der Heilmittel‐Richtlinie gefasst.
Der Beschluss ist auf der Internetseite des G‐BA abrufbar.
Die Stammdaten für die Verordnungssoftware werden entsprechend angepasst, um die Abbildung in den Praxisverwaltungssystemen zum 1. Januar 2025 zu gewährleisten. Auch die zusammenfassende Diagnoseliste der KBV wird zum Inkrafttreten der Änderung ergänzt und veröffentlicht.
Langfristiger Heilmittelbedarf ist für schwerkranke Patient:innen vorgesehen, die voraussichtlich einen Behandlungsbedarf mit Heilmitteln von mindestens einem Jahr benötigen. Verordnungen im Rahmen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht der statistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung (Heilmitteldurchschnittswerteprüfung). Demnach fließen die Kosten dieser Verordnungen nicht in das Verordnungsvolumen der Praxis ein.
Bei den neu hinzugekommenen Indikationen können Sie von der geltenden Höchstmenge je Verordnung gemäß Heilmittelkatalog abweichen und die notwendigen Heilmittel ab der ersten Verordnung für einen Zeitraum von zwölf Wochen verordnen. Dies gilt analog für die Weiterverordnungen.
Der Beschluss des G-BA tritt zum 1. Januar in Kraft.
Sonstiges
Keine Umschreibung von Privatrezepten aus dem Notdienst in Kassenrezepte
Aufgrund rechtlich unzulässiger Aussagen einer Betriebskrankenkasse zum „Praxisverfahren zur Kostenerstattung eines Arzneimittels bei notärztlicher Behandlung“ sehen wir den Bedarf, nochmals auf die gesetzlichen Regularien hinzuweisen.
Hintergrund ist, dass die betreffende BKK ihre Versicherten die Einreichung zur Erstattung von Privatrezepten aus Notdiensten mit entsprechender Apothekenquittung zurückweist und die Versicherten mit folgendem Hinweis informiert:
„Der Patient wendet sich zeitnah an seinen Hausarzt bzw. Facharzt und erhält nach Vorlage des Privatrezeptes ein Kassenrezept. Beide Rezepte müssen in der gleichen Apotheke vorgelegt werden und der Patient erhält sein Geld (abzgl. der Zuzahlung) zurück.“
Ein solches Verfahren ist rechtlich unzulässig; die BKK wurde von uns dazu informiert und aufgefordert, diese widerrechtlichen Aussagen zukünftig zu unterlassen.
Begründung
Laut § 8 Arzneimittel-Richtlinie sowie § 15 Abs. 2 Bundesmantelvertrag Ärzte sind Verordnungen nur zulässig, wenn zum Zeitpunkt des Anspruchs ein Kontakt zwischen ausstellenden Ärzt:innen und Patient:innen bestand.
Darüber hinaus sind nachträgliche oder gar rückwirkende Ausstellungen von Rezepten unzulässig. Sie können zudem die ärztliche Verantwortung für die Therapieentscheidung einer anderen Ärzt:in berufsrechtlich nicht übernehmen. Auch Apotheken dürfen diese Art von Umtausch und Erstattung nicht vornehmen, zumal auch die Notdienstgebühr „noctu“ für das Notdienstrezept nicht verrechnet werden kann.
Korrektes Verfahren
Das Verfahren zur Kostenerstattung wird von den Patient:innen eingeleitet. Dabei werden das Privatrezept und die Quittung der Apotheke bei der Krankenkasse zur Erstattung eingereicht und der Krankenkassenanteil erstattet.
DiGA-Verordnungen – Verordnungssoftware seit Oktober 2024 Pflicht
In den Praxis-News vom 05. Juli 2024 informierte die KV Berlin über die Verschiebung der Frist zur Vorhaltung einer von der KBV zertifizierten Software für Verordnungen digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA).
Seit dem 1. Oktober 2024 dürfen Vertragsärzt:innen und Vertragspsychotherapeut:innen Verordnungen von DiGA nur noch mittels einer zertifizierten Verordnungssoftware erstellen.
Weitere Informationen finden Sie hier auf der Seite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie in § 30a Abs. 1 und 2 des Bundesmantelvertrag-Ärzte.
AKI-Übergangsregelung zur Potentialerhebung wird verlängert
In den Verordnungsnews Juli 2024 informierten wir über das Auslaufen der Übergangsregelung zur Potenzialerhebung Ende 2024.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat am 5. Dezember 2024 die bestehende Übergangsregelung bis zum Sommer 2025 verlängert (siehe hier). Damit ist eine Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (AKI) auch dann möglich, wenn ausnahmsweise keine Potenzialerhebung vorliegt.
Bitte begründen Sie auf der Verordnung, warum keine Potenzialerhebung durchgeführt werden konnte bzw. dokumentieren Sie den Termin für die Potenzialerhebung, wenn dieser bereits vereinbart wurde.
Bei Personen, die vor dem 31. Oktober 2023 AKI erhalten haben und bei denen im Rahmen der Potenzialerhebung festgestellt wurde, dass keine Aussicht auf eine Besserung besteht, sind Verordnungen von außerklinischen Intensivpflege weiterhin auch ohne regelmäßige Potenzialerhebung möglich. Voraussetzung ist, dass eine Potenzialerhebung bis zum 31. Oktober 2025 erfolgt ist oder erfolgen wird.
Die Änderungen der AKI-Richtlinie sollen mit Wirkung zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Krankenbeförderung: Verordnungen im Rahmen der Fernbehandlung
Seit dem 17. Dezember 2024 können Ärzt:innen Krankenbeförderungen auch über Videosprechstunden und in Ausnahmefällen telefonisch verordnen. Der entsprechende Beschluss wurde am 16. Dezember im Bundesanzeiger veröffentlicht. Über diese Neuregelung haben wir bereits in unseren Verordnungsnews Oktober 2024 berichtet.