Statement des Vorstands der KV Berlin zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG)
Karl Lauterbach hat das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) durch das Bundeskabinett gebracht. Der Gesetzentwurf suggeriert – ganz im Sinne eines nie enden wollenden Leistungs- und Geldstroms – alle zufriedenzustellen: die Hausärzt:innen, deren Arbeit am Patienten durch den Wegfall von finanziellen Beschränkungen endlich voll bezahlt werden soll und die Patient:innen, für die sich die Angebotsschraube bei stabilen GKV-Beiträgen weiter nach oben drehen darf. Denn nichts weniger verspricht unser Bundesminister Lauterbach – die Patienten bekommen alles und noch mehr an Leistungen, weil schließlich auch die Ärzt:innen jetzt alles bezahlt bekommen. Und jetzt passiert das Märchenhafte: das Gesetz soll laut Entwurf ohne Mehr- oder Minderausgaben auskommen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Denn es werden nicht nur die Kosten steigen! Zukünftig ist zu befürchten, dass durch den gesellschaftlichen Wandel – Alters- und Krankheitsentwicklung – und dem Anstieg der Teilzeitbeschäftigung tatsächlich deutlich weniger Geld in der GKV zur Verfügung stehen wird. Durch die vermehrte Teilzeit-Arbeitszeit werden entsprechend niedrigere Beiträge in die Schatullen der Krankenkassen gespült, bei einem aber 100%igen Leistungsversprechen. Damit steht letztlich weniger Geld für die Versorgung von Versicherten bereit. Dieses wirtschaftliche Risiko werden insbesondere die Fachärzt:innen zu spüren bekommen, da an deren Entbudgetierung bisher noch kein Minister ein Interesse gezeigt hat. Bei so viel Realitätsferne fragt man sich schon, ob sich bei manchen bereits die Folgen einer Teil-Legalisierung von Cannabis bemerkbar machen?
Wir erwarten von der Politik eine ehrliche und transparente Kommunikation darüber, wie gesamtgesellschaftlich mit diesem Fakt und den immer weiter steigenden Kosten umzugehen ist. Eine „Flatrate-Mentalität“ auf Seiten der Versicherten – ich bekomme, was ich möchte und wann ich es möchte – und damit eine völlig ungesteuerte Inanspruchnahme des Gesundheitssystems, bei gleichzeitigem Versprechen den Ärzt:innen gegenüber, dass endlich jede erbrachte Leistung vollständig bezahlt wird, kann auf Dauer ohne frisches Geld nicht gelingen. Es braucht daher klare Regeln für eine zukünftige Patientensteuerung und eine völlig neue Versorgungsplanung. Die sogenannte „Bedarfsplanung“ der letzten 30 Jahre, die nie den Bedarf tatsächlich planen sollte, sondern als Gegeninstrument einer 1993 befürchteten „Ärzteschwemme“ eingeführt wurde, hat längst ausgedient. Dieses Gesetz und die damit verbundenen Versprechungen sollen einer allgemeinen Beruhigung dienen. Eine Lösung für die dringenden Probleme ist es nicht.