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70 Jahre KV Berlin
Eine Chronik der wichtigsten Etappen und Ereignisse
Seit sieben Jahrzehnten sichert die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin die ambulante medizinische Versorgung der Hauptstadt. Diese sind geprägt von gesellschaftlichem Wandel und politischen Herausforderungen. Die nachfolgende Chronik gibt einen Überblick über die wichtigsten Meilensteine der KV Berlin von ihrer Gründung bis heute.
Am 17.08.1955 beschließt der Bundestag das Gesetz über das Kassenarztrecht (GKAR), das am 20.08.1955 in Kraft tritt. Entsprechend dem Besatzungsstatus von Westberlin regelt ein Übernahmegesetz die Geltung des GKAR, das am 22.08. verkündet wird. Damit wird die damalige "Vereinigung der Sozialversicherungsärzte von Berlin" (VSB) zur "Kassenärztlichen Vereinigung Berlin" (KV Berlin). Das Gesetz sichert den Kassenärzten einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der ambulanten Versorgung.

Am 29.11.1956 verabschiedet die Vertreterversammlung (VV) eine neue Satzung, in der erstmals ordentliche und außerordentliche Mitglieder definiert sind. Die VV umfasst 41 Vertreter:innen. Mit der konstituierenden Sitzung am 07.03.1957 beginnt die erste Legislaturperiode mit Dr. Werner Losert als Vorstandsvorsitzenden.

Am 29.06.1959 wählt die Vertreterversammlung einen dritten Geschäftsführer: Hans Werner Krapf. Krapf prägt das KV-System und beendet seine KV-Laufbahn nach 34 Jahren "System Krapf" 1993 als Hauptgeschäftsführer.

Im September 1960 zieht die KV-Verwaltung in eine eigene Immobilie: das neu errichtete Verwaltungsgebäude an der Bismarckstraße 95/96 – ab 02.05.1963 per VV-Beschluss "Ärztehaus" genannt. Ab 1967 finden die VV-Sitzungen dort öffentlich statt.

Die Ärzt:innen profitieren von der wirtschaftlichen Stabilität. Der ärztliche Notfalldienst wird sukzessive ausgebaut. Ab 1963 sind KV-Ärzt:innen auf der Straße: Es gibt einen fahrenden Bereitschaftsdienst der KV Berlin. Zunächst mit Funktaxen. Zudem richtet die KV Berlin eine eigene Notfallzentrale im Ärztehaus ein.

Die KV Berlin beginnt Sicherstellungsmaßnahmen in die Wege zu leiten, um einer regionalen Unterversorgung in Westberlin entgegenzuwirken. Zwischen 1975 und 1988 kann der Vorstand für dringend zu besetzende Kassensitze Umsatzgarantien für ein Jahr und Darlehen für Bauvorhaben und Praxiseinrichtungen gewähren.

Ab 1974 beschließt die Vertreterversammlung die Einführung eines eigenen Fuhrparks für den fahrenden Bereitschaftsdienst.

Mitte der 1970er Jahre führen Ausgabenkürzungen im Gesundheitsbereich zu Kostendämpfmaßnahmen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schließt mit den Kassen Empfehlungen für Honorarobergrenzen bei Vertragsabschlüssen, um den Anstieg der Gesamtausgaben für die ambulante Behandlung zu drosseln.

Kopfpauschalen, Punktwerte und Arzneimittelausgabenbegrenzungen halten ab 1978 Einzug in die KV Berlin. Am 31.03.1978 wird der erste EBM mit einheitlichen GO-Positionen für alle Kassen und einem fiktiven Punktwert von 10 Pfg. beschlossen.

Ab 1979 beginnt die Qualitätssicherung in der KV Berlin allmählich eine Rolle zu spielen. Die Vertreterversammlung beschließt entsprechende Richtlinien.

Ab 1981 beginnt der Vorstand Ideen für eigene Erste-Hilfe-Stellen (EHS) zu entwickeln. Bereits am 01.06.1982 eröffnet eine eigene EHS in Wilmersdorf. 1984 eine in Kreuzberg und 1985 eine weitere in Wedding.

Junge Ärzt:innen wenden sich grundsätzlich gegen die Honorarpolitik des Vorstandes und fordern angemessene Vergütung und ein Ende der Honorardeckelung. Die Führung argumentiert, die Einzelleistungsvergütung korrumpiere den Arzt und müsse durch Pauschalen ersetzt werden, um eine patientengerechte Arzthonorierung zu erreichen.

Am 01.01.1989 tritt die Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) in Kraft, die die Reichsversicherungsordnung (RVO) ablöst und weiteren Einsparungen im Gesundheitsbereich dient. Der neue KV-Vorstand unter dem Reinickendorfer Urologen Dr. Manfred Richter-Reichhelm startet unter hohem Erwartungsdruck der Ärzteschaft.

Am 20.04.1990 wird die Kassenärztliche Vereinigung Berlin-Ost e. V. gegründet. Der Einigungsvertrag schreibt in Berlin eine Finanzschranke und eine Sozialmauer in der Stadt bis 1995 fest. Ab 01.01.1991 erweitert die KV Berlin entsprechend dem Einigungsvertrag ihre Zuständigkeit auf Ostberlin und nimmt damit die Interessen der Ostberliner Ärzt:innen wahr. Die Berliner Kassenärzt:innen sind nach 35 Jahren wiedervereinigt.

Ab April 1990 wird der erste Pressesprecher der KV Berlin eingestellt. Das Mitteilungsblatt politisiert sich vollends und wird zum Sprachrohr für Vorstand und VV-Opposition.

Die KV Berlin leitet eine Reform ihrer Verwaltung ein. Die bislang auf den personenzentrierten Führungsstil des Hauptgeschäftsführers zugeschnittene Verwaltung wird ab dem 01.01.1991 in Hauptabteilungen ressortiert.

Die Verwaltung der KV Berlin soll sich zu einem kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen wandeln, mit neuer Hauptgeschäftsführung, dem Ausbau der Service-Bereiche sowie der Informationstechnik für die Abrechnung und für hausinterne Kommunikationstechnik – die EDV-Abrechnung der Ärzt:innen wird zur Norm.

Erneut formiert sich ab 1997 eine innerärztliche Opposition, der Hausärzteverband. Dessen Vertreter:innen ziehen 2001 in die VV ein, bleiben dort jedoch isoliert. Unter dem Motto „Die Sparzitrone ist ausgequetscht" gelingt es der Opposition zunächst, gemeinsam mit dem „Aktionsrat der Berliner Kassenärzte" viele Ärzt:innen zu Protestveranstaltungen zu mobilisieren.

Die KV Berlin ist jetzt auch im Web auffindbar. Am 20.11.1997 stellt der Hauptgeschäftsführer Dr. Gerhard Timm auf der Medica die Homepage der KV Berlin vor.

Die Jahre 1998 bis 2000 sind geprägt von Kundgebungen und Demonstrationen der niedergelassenen Ärzt:innen gemeinsam mit Krankenhausärzt:innen und dem Praxispersonal. Protestiert wird gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung.

Die diffizile Honorarsituation wirkt sich zunehmend auf den Haushalt der KV Berlin aus: Der Ärztliche Bereitschaftsdienst (ÄBD) und die Erste-Hilfe-Stellen (EHS) werden zurückgefahren. 1997 wird die EHS in Wilmersdorf geschlossen, 2001 die in Wedding. Der ÄBD-Fahrdienst wird aus der KV Berlin ausgegliedert.

Ab dem 01.01.1999 können nach dem Psychotherapeutengesetz nun auch Psychologische Psychotherapeute:innen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Bei der Honorarverteilung werden sie dem Fachärztetopf zugeordnet.

Die KV Berlin wächst und der Platzmangel im Ärztehaus führt zur Anmietung von immer mehr Räumen in umliegenden Häusern. Am 25.02.2002 zieht die KV Berlin daher von der Bismarckstraße in zwei Bürohäuser an der Masurenallee 6A um.

Die KV Berlin beginnt mit der Aufarbeitung der Rolle der ärztlichen Standespolitik im Nationalsozialismus. Mit einem vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Manfred Richter-Reichhelm initiierten Forschungsprojekt wird die Verstrickung der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD) mit dem NS-Regime historisch beleuchtet. 2008 wird am Gebäude KV Berlin an der Masurenallee eine Gedenktafel angebracht. 2023 wird eine Gedenkstätte im KV-Gebäude errichtet.

Die KV Berlin entwickelt sich immer mehr zum kundenorientierten Dienstleister: Seit März 2003 kümmert sich das hauseigene Service-Center um Anfragen von Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen. Der Vorstand baut die Öffentlichkeitsarbeit weiter aus. Eine monatliche Patientenveranstaltung, die „KV-Sprechstunde", informiert über medizinische und psychologische Themen.

Die Zuzahlung in Höhe von 10 Euro, die die gesetzlich Versicherten bei Arzt-, Zahnarzt- oder Psychotherapeutenbesuchen sowie im kassenärztlichen Notdienst einmal im Quartal entrichten müssen, kommt unmittelbar den Krankenkassen zugute. Die KV Berlin übt Kritik: Die Praxisgebühr macht Arbeit, Ärger und zeigt keine (Steuerungs-)Wirkung. Ab 1. Januar 2013 entfällt die Praxisgebühr ersatzlos.

In den KVen werden neue KV-Strukturen mit verkleinerten Vertreterversammlungen und hauptamtlichen Vorständen etabliert. Die KV Berlin, deren Vertreterversammlung mit der Wahl 2004 von 85 auf 40 Vertreter:innen geschrumpft ist, wird seit dem 01.01.2005 von einem dreiköpfigen Vorstand mit der Friedrichshainer Allgemeinmedizinerin Dr. Angelika Prehn an der Spitze angeführt.

Bundesweit gilt nun die 116117 für den Ruf des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes.

Was lange nur für ländliche Gegenden galt, scheint auch für Berlin Thema zu werden: Der Zulassungsausschuss entsperrt erstmals den hausärztlichen Versorgungsbereich.

Die Psychiatrische Initiative Berlin-Brandenburg (PIBB) erhält als erstes Praxisnetz in Berlin die Anerkennung durch die KV Berlin. Bis dahin gehörten dem Praxisnetz bereits 50 Arztpraxen aus dem haus- und fachärztlichen Bereich an.

Die "Gesundheitskarte" löst ab 01.01.2015 die "Versichertenkarte" als verbindliches Dokument für GKV-Versicherte ab. Kritiker der neuen Karte weisen auf die Gefahr hin, dass mit dieser die Voraussetzungen für den "Gläsernen Patienten" geschaffen werden.

Im Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) wird im Sommer 2015 eine Fülle an Maßnahmen festgeschrieben. Das Ergebnis: Im Januar 2016 wird erfolgreich eine Terminservicestelle eingerichtet, deren Aufgabe es ist, Versicherten zeitnah einen Termin zu vermitteln.

Ende 2017 wird die ambulante Notfallversorgung in der Hauptstadt erfolgreich reorganisiert. Neben dem Aufbau des Notdienstpraxen-Netzes wird die Leitstelle des ÄBD modernisiert und der fahrende Dienst weiterentwickelt.

Mit Beginn der COVID-19-Pandemie stellt sich die KV Berlin teilweise neu auf und arbeitet im Krisen-Modus: Schnelle Entscheidungen auf tagesaktuelle Entwicklungen sind gefragt. Es entstehen zahlreiche neue Versorgungsstrukturen – der ambulante Bereich bildet den Schutzwall des Gesundheitssystems.

Im Lauf des Jahres 2021 wird die erste Eigeneinrichtung von der KV Berlin GmbH zur hausärztlichen Versorgung in schlecht versorgten Bezirken gegründet. Die Gründung der Eigeneinrichtungen ist Teil eines 2021 aufgelegten Förderprogramms. Am 01.07.2022 eröffnet die erste KV Praxis in Berlin-Lichtenberg.

Mit einem umfassenden Förderprogramm möchte die KV Berlin die Hausarztversorgung in Berlin verbessern und langfristig sichern. Seit dem 1. Januar 2022 können Praxen, Ärzt:innen und der ärztliche Nachwuchs von den Angeboten, wie beispielsweise Stipendien für Medizinstudierende, Fördermaßnahmen für NÄPA oder Famulatur, profitieren.

Mit der 2. Sitzung der Vertreterversammlung am 23.02.2023 wird der aktuelle KV Berlin Vorstand der 16. Amtsperiode gewählt. Dr. Burkhard Ruppert übernimmt den Vorsitz, Dr. Christiane Wessel wird stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Günter Scherer wird zum 3. Vorstandsmitglied gewählt.

Das Dokumentenmanagementsystem Doxis startet mit der Vertrags- und Vergabeakte. Zu Beginn 2024 folgen der Posteingang sowie Eingangsrechnungsverarbeitung. Durch die eHealth Showpraxis DEMO möchte die KV Berlin die Vorteile der Digitalisierung demonstrieren.

Auch künftig will die KV Berlin eine wesentliche Rolle bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems spielen und die Zukunft der Praxen und der ambulanten Medizin sichern. Dabei entwickelt sich die KV Berlin weiterhin zum kundenorientierten Dienstleister, in dessen Fokus ihre Mitglieder stehen.
