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Videosprechstunde: Trotz großer Potenziale noch nicht in der Versorgung angekommen

Sonder-PID Digitalisierung Nr. 6 (21.08.2023)

Die Videosprechstunde hat durch die Corona-Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen. Aber auch nach der Pandemie wird die Videosprechstunde nicht mehr aus dem Versorgungsgeschehen verschwinden und in strukturschwächeren Regionen wird sie sogar für Unterstützung sorgen müssen. Die Vorteile der Videosprechstunde liegen auf der Hand:

  • keine Anfahrtswege in die Praxis
  • kürzere Wartezeiten
  • engmaschigere Therapiebegleitung für die Patient:innen
  • höhere Flexibilität in den Praxisabläufen
  • Niedrigschwellige Voraussetzungen für Praxis und Patient:innen

Warum wird die Videosprechstunde trotzdem so wenig genutzt?

Trotz der Vorteile kommt die Videosprechstunde vergleichsweise wenig zum Einsatz: Erst sieben Prozent der Versicherten haben eine Videosprechstunde in Anspruch genommen, vor allem im Rahmen der hausärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung – das ist ein Ergebnis des großangelegten Projekts „Präferenzgerechter Einsatz von Videosprechstunden in ländlichen und städtischen Regionen“ – kurz „PräVi“. Das ist eine Studie der Universität Duisburg-Essen in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse, der AOK Nordost und mehrerer KVen – auch die KV Berlin ist beteiligt. Ziel ist es, die Erfahrungen, Barrieren und Wünsche der Versicherten und Ärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen zu untersuchen. 

Während im Rahmen von PräVi eine Befragung unter Versicherten ergab, dass die meisten der Befragten keine Videosprechstunde nutzen, weil die Möglichkeit ihnen nicht angeboten wurde, gab eine Befragung unter den Leistungserbringenden Hinweise, was die konkreten Hemmnisse für den Einsatz in der Praxis sind. Das sind vor allem:

  • der hohe organisatorische und rechtliche Aufwand
  • ein Zeitmangel, sich mit der neuen Möglichkeit der Videosprechstunde im Praxisalltag auseinanderzusetzen
  • Die Abrechnungsbegrenzungen von derzeit 30 Prozent sowie die Vergütung (In der Regel wird die jeweilige Versicherten-, Grundpauschale oder Konsiliarpauschale abgerechnet. Sollte der Kontakt in dem Behandlungsfall ausschließlich per Video erfolgen, wird ein Abschlag vorgenommen)

Ein erster Schritt: Die 30-Prozent Leistungsbegrenzung soll fallen

Diese Ergebnisse zeigen: Die Videosprechstunde ist alles andere als ein Selbstläufer, denn die Rahmenbedingungen stimmen noch nicht. Die Aufhebung der 30-prozentigen Leistungsbegrenzung mit dem Digital-Gesetz (DigiG) ist zwar ein erster Schritt des Gesetzgebers in die richtige Richtung – der persönliche Kontakt zu den Patient:innen in der Praxis bleibt gesetzlich aber weiterhin der Goldstandard. Auch wird die Videosprechstunde unter den aktuellen Bedingungen – auch wenn sie Vorteile im Praxisalltag bietet – den Leistungserbringenden nicht dieselbe Flexibilität wie den Patient:innen bieten. Zum Beispiel in puncto Home-Office, denn bisher verpflichtet die Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), dass ärztliche Leistungen im Ort der Niederlassung zu erbringen sind.

So kommt die Videosprechstunde auch in den Praxen an

Vor dem Hintergrund der Möglichkeiten, die die Videosprechstunde den Praxen bietet, befürwortet die KV Berlin den Einsatz ganz klar – sieht aber Anpassungsbedarf an den Rahmenbedingungen: Wir fordern von der Politik eine rechtliche und strukturelle Anpassung der Berufsordnung und der Vergütungsmodalitäten im EBM.